Reaktivschutz

Reaktivschutz

Schutz des SPz PUMA gegen Hohlladungen durch Reaktivschutz

Hohlladungen besitzen aufgrund des speziellen Eindringmechanismus (Hydrodynamisches Eindringen) sehr hohe Wirksamkeit gegen alle bekannten Panzerungsmaterialien, fast unabhängig von der Härte des Zielmaterials. Reaktivschutz ist hier eine geeignete Antwort.

Die Herausforderung

Um gegen solche Bedrohungen sicher zu sein, erreicht man schnell erhebliche Gewichte von Panzerungen. Bereits im Fall der weit verbreiteten Ladung des Gefechtskopfes der RPG 7 V würde man bei einer zugrundeliegenden Eindringtiefe in Stahl von ca. 320 mm für jeden Quadratmeter zu schützender Fläche mehr als 2,5 Tonnen benötigen. Demgegenüber steht die Forderung, dass der SPz PUMA einen rundum effektiven Schutz gegen Hohlladungen sowie eine Vielzahl anderer Bedrohungen erhalten soll

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Reaktivschutz für den SPz PUMA gegen Hohlladungsbedrohungen

Aufbau und Wirkungsweise

Der Reaktivschutz (ERA, Explosive Reactive Armour) ist seit längerem bekannt. Der prinzipielle Aufbau ist sehr einfach: Zwischen zwei Platten (aus Metall oder auch aus Verbundwerkstoff) ist eine Schicht aus Sprengstoff angebracht, dieses sogenannte Sandwich oder „Wirkelement“ ist schräg zur Einfallsrichtung der Bedrohung ausgerichtet.

Ein auftreffender Hohlladungsstrahl löst den Sprengstoff aus, der dann die Platten unter Winkel dem Strahl entgegen beschleunigt. So findet der Strahl immer neues zu durchdringendes Material vor, und der Blast des Sprengstoffes wirkt massiv störend auf die anfliegenden Strahlpartikel. Dieser Mechanismus führt zu einer drastischen Verringerung der Eindringtiefe. Die Funktion wird in dem Bild links dargestellt.

Funktionsweise des Reaktivschutzes in der Praxis

In den beiden Röntgenblitzbildern, die zu unterschiedlichen Zeiten nach der Initiierung aufgenommen wurden, sieht man den angreifenden Hohlladungsstrahl sowie die resultierende massive Störung durch die Platten und den Blast. Die gefährlichen schnellen Strahlanteile in der Spitze werden massiv gestört, massive Reste des Strahls werden durch Backingplatten unschädlich gemacht, ebenso der Blast der Hohlladung und der Schutzanordnung, um Rückwirkungen auf das Fahrzeug zu minimieren. Die Gesamtgröße des Aufbaus und auch die Sprengstoffmenge richten sich nach der Leistung der zu bekämpfenden Bedrohung.

In der Praxis kommen Reaktivschutzelemente in geschlossenen Kästen, den sogenannten Modulen, zum Einsatz. Sie enthalten eine bestimmte Menge an Wirkelementen in geeigneter Anordnung, und sie sind gewichtsmäßig so bemessen, dass sie notfalls von der Besatzung des Fahrzeuges ohne großen Aufwand montiert, demontiert oder auch ausgetauscht werden können.

Bei Dynamit Nobel Defence GmbH in Burbach wurde der Reaktivschutz für den SPz PUMA entwickelt, qualifiziert und gefertigt.

Sicherheitsaspekte

Bei Verwendung von Reaktivschutz am SPz PUMA befinden sich erhebliche Mengen Sprengstoff an der Außenwand. Dies erfordert besondere Überlegungen zur Sicherheit und Systemkompatibilität, d.h. Verträglichkeit mit allen für das Fahrzeug geltenden Umweltbelastungen. Für Reaktivschutz werden nur extrem unempfindliche Sprengstoffe verwendet, die ausschließlich bei einem Auftreffen eines Hohlladungsstrahls detonieren und ansonsten passiv bleiben, auch bei Beschuss mit Maschinenkanonen und leistungsstarker KE-Munition. Der verwendete insensitive und damit sichere Sprengstoff gewährleistet, dass nur vom Hohlladungsstrahl direkt getroffene Wirkelemente detonieren, benachbarte jedoch nicht.

Die Robustheit des Systems gegenüber Beanspruchungen im Fahrbetrieb sowie die Sicherheit wurden durch sehr umfangreiche amtliche Prüfungen und Tests nachgewiesen.

Schon bei der Entwicklung wurde darauf geachtet Kollateralschäden weitestgehend auszuschließen. Dies konnte durch Verwendung von Verbundstoffplatten und Kunststoffschrauben gelöst werden, die sich nach Umsetzung des Sprengstoffs in unmittelbarer Nähe des beschossenen Fahrzeuges zerlegen und keine schnellen und gefährlichen Splitter erzeugen. Auch die Sprengstoffmenge, die zusätzlich zum angreifenden Gefechtskopf umsetzt, führt nachgewiesenermaßen nur zu weit unterkritischen Belastungen des Fahrzeuges und der Besatzung.

Der Schutz wurde nicht nur auf Prüfständen ausgiebig getestet, sondern auch im Fahrbetrieb in heißem Klima (Abu Dhabi) und kaltem Klima (Wintererprobung in Norwegen).

Der Reaktivschutz kann ohne Einschränkung in allen Klimabereichen genutzt werden, die auch für das Fahrzeug gelten. Für Transport und Lagerung wurde der Reaktivschutz als 1.4 S klassifiziert.

Zusammenfassung

Reaktivschutz ist schon seit langem bei vielen Nationen an Fahrzeugen im Einsatz, in Deutschland führten erst die konsequente Verwendung von Kunststoffverbundwerkstoffen sowie der Einsatz eines speziellen sehr unempfindlichen Sprengstoffes zur Akzeptanz.

Der Reaktivschutz des SPz PUMA bietet bei der Hohlladungsabwehr viele Vorteile hinsichtlich des erforderlichen Gewichts, Handling und sicherer Funktion. Letzteres allein schon deshalb, weil ausschleißlich das Ereignis „Hohlladungsbeschuss“ den Wirkmechanismus auslöst. Der Schutz ist darüber hinaus äußerst robust gegen die Beanspruchungen beim Betrieb der Fahrzeuge, auch bei Kollisionen mit z.B. Bäumen und Hindernissen im Gelände.

Der qualifizierte Reaktivschutz fügt sich in das Gesamtschutzkonzept des SPz PUMA ein und bietet darüber hinaus noch Potential zur Leistungssteigerung, um höheren Bedrohungen zu begegnen.

Ersterscheinung Mittler Report Verlag und mit Unterstützung von Dynamit Nobel Defence aktualisiert.